Der Rat der Gemeinde Lotte beschloss einstimmig die von uns vorgeschlagene Stellungnahme:
Resolution des Rates der Gemeinde Lotte zum Thema Kita-Plätze an den Landrat, den Kreistag, den Landtag, das zuständige Ministerium
Kindergartenbedarfsplanung
Seit ein paar Jahren gibt es eine zunehmende Unzufriedenheit nicht nur in unserer Gemeinde mit der Kita-Planung des Kreisjugendamtes. Immer wird uns eine Zunahme der benötigten Kindergartengruppen schon im nächsten Jahr prognostiziert. in diesem Jahr in unserem Ort um 6,5 Gruppen von 26,5 auf 33.
Die Ursachen dafür liegen auf der Hand: Der erhöhte Bedarf besteht fast ausschließlich im Bereich der U3-Kinder (Kinder unter drei Jahre) , immer mehr Eltern melden schon ihre ein- und zweijährigen Kinder an (das Elterngeld wird max. 14 Monate bezahlt) und die Quote steigt kontinuierlich. Ging man ursprünglich von der Anmeldung von ca. einem Drittel der Kinder aus, so werden in unserer Gemeinde schon 85% der Zweijährigen und ca. ein Viertel der 0-2jährigen angemeldet. Auch wenn die steigende Inanspruchnahme bei der Planung berücksichtigt wurde, so ging sie bisher nie über das nächste Jahr hinaus, denn die noch nicht geborenen Kinder konnte man nicht zahlenmäßig erfassen.
Jetzt freute sich der Rat über ein neues Prognosemodell (Hildesheimer Modell), das allgemeine statistische Daten (z.B. Anzahl der Frauen im gebärfähigen Alter) in die Bedarfsplanung einbezieht und deshalb Prognosen über einen längeren Zeitraum ermöglicht.

Aber dennoch erlaubt der Kreis uns nur Erweiterungen oder Neubauten für den Bedarf des nächsten Jahres. Das liege an der „Pro-Kopf-Pauschale“, die das Land nur für die real existierenden, nicht aber für die prognostizierten späteren Kinder bezahle. Dem Träger entstehen dadurch Einnahmeausfälle (Landes-, Kreis- und Elternanteil an den laufenden Kosten) und er macht Verluste -bei falscher Prognose eventuell auf Jahre -; dieses Risiko geht kein Träger ein,!
Daraus ergeben sich folgende Missstände:
1. Sofort muss unter Zeitdruck geplant und gebaut werden.
2. Natürlich wird der Gruppenraum nie rechtzeitig fertig zum August des nächsten Jahres.
3. Die „Turnhalle“ einer bestehenden Kita wird oft als Provisorium für eine neue Gruppe hergerichtet, die schon vorhandenen Kinder können sich nicht sportlich betätigen.
4. Kaum ist ein Erweiterungsbau entstanden, muss im nächsten Jahr noch eine Gruppe angebaut werden, heißt erneuter Lärm, Staub und natürlich höhere Baukosten.
5. Durch ständige Erweiterungen entstehen zu große Kitas. Vor ca. 30 Jahren hielt man aus pädagogischen Gründen Vier-Gruppen-Kitas für bedenklich, heute gibt es Sechs-Gruppen-Kitas! Gerade für U3-Kinder sollte der Kindergarten nicht zu groß werden.
6. Hinzu kommt, dass dann der ursprünglich ausreichend bis großzügig bemessene Außenspielbereich immer kleiner wird.
7. Wenn die pädagogisch bedenklichen Mehrfacherweiterungen aus Platzmangel oder sonstigen Gründen ein Ende haben, kommen die Gemeinden in die Bredouille: Wenn dann erneut Platz für weitere Kinder geschaffen werden muss, findet man keine Institution, die bereit ist, einen komplett neuen 1- oder 2-Gruppen-Kindergarten zu betreiben, denn die sind unrentabel.
Daraus leiten wir folgende Forderungen ab:
Das Jugendamt/die Landesregierung müssen Erweiterungen im Kitabereich genehmigen, selbst wenn diese mehr als den unmittelbaren Bedarf im darauffolgenden Jahr abdecken, wenn aufgrund einer gesicherten Prognose absehbar ist, dass in den darauffolgenden 1-2 Jahren die Inanspruchnahme der Kitaplätze noch weiter steigen wird.
Die Landesregierung/das Jugendamt müssen diese „auf Vorrat“ geschaffenen Kitaplätze ebenso bezuschussen wie die sofort notwendigen Plätze. Sie müssen nicht die volle Summe bezahlen, die Personalkosten werden erst später fällig.
Die Einrichtungsträger dürfen nicht das Risiko der Mindereinnahmen tragen, das ist Sache des Kreises und der Landesregierung.
Ende der Resolution
Achtung! Jetzt wird es manchmal nicht ganz leicht nachvollziehbar! Aber manchmal ist Kommunalpolitik eben eine mühsame Angelegenheit! (Wer Nachfragen hat, kann sich gern an uns wenden)
Die Missstände, die wir anprangern unter den Punkten 1-7, gibt es konkret in unserer Gemeinde oder wird es geben:
Punkt 1, 2, 3 und 4
Das krasseste Beispiel in unserem Ort war die hastige Fertigstellung einer weiteren 3-Gruppen-Kita an der Franziskuskirche in Wersen, weil ausnahmsweise die Zahl der Anmeldungen aus Wersen und Büren zusammen in einem Jahr ausreichte, um die Erlaubnis für den Neubau eines ganzen Kindergartens zu erreichen. Natürlich war er im August des nächsten Jahres (2016)nicht fertig. Der Kinderland-Kindergarten in Büren nahm die angemeldeten Kinder dankenswerterweise für mehrere Monate auf. Am Tag der Einweihung, ca. 18 Monate nach dem Beschluss, erfuhren wir, dass für den Bedarf des nächsten Jahr eine weitere Gruppe angebaut werden müsse. Also erneut Umplanung, Lärm und Dreck für die bestehenden Gruppen und eine Fertigstellung weit nach Beginn des nächsten Kindergartenjahres (2017/18).
Aus dem Fehler sollten wir lernen und das Jugendamt des Kreises auffordern, in Altlotte nicht nur 1 Gruppe zusätzlich beim Kinderland-Kindergarten in Altlotte zu genehmigen, sondern gleich zwei (Mehrbedarf 2018 1,5 Gruppen und 2020 zwei!).
Punkt 3
In dem Kindergartenjahr 17/18 muss der Regenbogenkindergarten in Büren das Opfer für die Dauer eines ganzen Jahres erbringen und eine provisorische Gruppe in der Turnhalle aufnehmen, weil schon im Kindergartenjahr 17/18 Plätze fehlen.
Punkt 5, 6 und 7
Die oben genannten Probleme werden wir im Bereich Wersen/Büren/Halen langfristig bekommen. Wenn jetzt ein Fünf-Gruppen-Kindergarten gebaut wird, ausreichend für den zusätzlichen Bedarf 2018/19, dann wird er ein Jahr später schon erweitert werden müssen auf sechs Gruppen, was wir für pädagogisch bedenklich halten. Alternativ könnte man dann natürlich auch versuchen, einen 1-2-Gruppen- Kindergarten zu bauen, dafür wird sich aber kein Träger finden, weil die unrentabel sind!
Wir Grünen möchten, dass im Jahr 2017/18 nicht ein 5-Gruppen-Kindergarten gebaut wird, sondern zwei 3-Gruppen-Kindergärten, die den Bedarf wenigstens für zwei Jahre decken und die noch jeweils um eine Gruppe erweitert werden können, wenn der Bedarf in den folgenden Jahren noch größer werden sollte.
Wer bis hierher gelesen hat, dem danken wir für die Bereitschaft, sich in dieses komplizierte Zahlenwerk hineinzudenken! Kommunalpolitik ist nicht immer ganz einfach!
Pressekritik
Wer jetzt noch Zeit und Lust hat, weiter zu lesen, der kann unsere Kritik an der Berichterstattung in der Zeitung nachlesen:
„Bislang hätten die Prognosen insbesondere beim Bedarf an Betreuungsplätzen für Unter-Dreijährige nie zugetroffen,…“ schreibt die NOZ, das erweckt den Eindruck, die Prognosen seien falsch. Das ist nicht der Fall, die Prognosen wurden immer übertroffen.
Jetzt gibt es genauere Prognosen auch über mehrere Jahre, Land und Kreis wollen trotzdem nur für den voraussehbaren Bedarf des nächsten Jahres planen und finanzieren, das ist es, was uns und wahrscheinlich auch alle betroffenen Eltern stört.
Von den gravierenden Nachteilen Punkt 1-7 siehe oben, die diese Planung hat, wird in der NOZ nur ein Punkt „am Rande“ des Bildes erwähnt. Die Redakteure mögen sagen, dass der Artikel über die Ratssitzung doch schon sehr lang war. Wir meinen, bei solch einem Thema, dass für viele Eltern gravierende Konsequenzen hat, sollte die Zeitung einen eigenen Artikel nur zu diesem Tagesordnungspunkt veröffentlichen und dafür z.B. sechsspaltige Bericht über Schützenfeste etwas kürzen.
„Die Resolution fordert nicht weniger(,) als eine Änderung der Landesgesetzgebung.“
Das klingt sehr nach unverschämter Forderung. Wir meinen, dass das Gesetz nicht geändert werden muss, Finanzierungszusagen sind ausreichend. Das übergeordnete Bundesgesetz dazu sagt, dass Eltern eines einjährigen Kindes einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz haben und sich nicht damit abspeisen lassen müssen, dass schon mal mit dem Bau begonnen wird, das Kind aber vielleicht doch erst mit zwei Jahren einziehen kann.