Lotte. Sechs Themen sind es, die dem Landratskandidaten von Bündnis 90/Die Grünen, Hermann Stubbe, besonders am Herzen liegen:
Klimaschutz, Mobilität, Integration/Bildung, Landwirtschaft, Digitalisierung und Finanzen. Seine Positionen dazu machte er auf Einladung seiner Parteifreunde jetzt beim Besuch in Lotte deutlich.
Im Gegenzug informierten ihn die Lotter Grünen über das, was ihnen vor Ort auf den Nägeln brennt: Flüchtlingshilfe und die Unterbringungssituation an der Moorbreede, weiterer Ausbau der Kindergartenplätze vor allem in Büren, die Trasse der Tecklenburger Nordbahn am Strotheweg, das Schulzentrum in Wersen, Radwegebau und insbesondere die Stagnation beim länderübergreifenden Radwegprojekt Halen-Hollage.
„Da hätten wir schon Erwartungen an den Kreis“, betonte Friedel Glüder mit Blick auf Kindergartenbedarfsplanung und professionelle Bündelung der Flüchtlingshilfe. Das ist ganz im Sinne von Hermann Stubbe: Für den 49-jährigen Gesamtschullehrer aus Greven, selbst Vater dreier Kinder zwischen zwölf und 20 Jahren, sind Investitionen in Bildung und die Integration von Migranten und Flüchtlingen „total wichtig“.
Den CDU-Ansatz, sich bei der Flüchtlingshilfe aufs Ehrenamt zu konzentrieren, hält er für falsch: „Das Land stellt uns sechs Stellen – zwei Sozialpädagogen-, zwei Lehrer-, eine Verwaltungs- und eine Sekretariatsstelle – kostenlos zur Verfügung. Wir müssen nur die Büros vorhalten“, verwies er auf das von 49 der 54 NRW-Kreise und kreisfreien Städte genutzte Landesprogramm. Das werde vom Kreis Steinfurt nur abgelehnt, weil „das Förmchen die falsche Farbe hat, nämlich rot-grün“.
Professionelle Struktur
Mit den anwesenden Lotter Ortsverbandsmitgliedern Friedel Glüder, Thomas Schmitt, Diedrich Hesse, Christine Harms und und Nadine Meyenburg war Stubbe sich einig, dass ein solches Integrationsbüro beim Kreis keineswegs ein bürokratischer Wasserkopf, sondern eine wichtige professionelle Begleitung und Anlaufstelle für die Helfer vor Ort wäre.
„Gute Arbeit“ bescheinigte Hermann Stubbe dem Amt für Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Jetzt gelte es, die Menschen mitzunehmen und neue Formen klimafreundlicher Mobilität zu entwickeln. Nicht nur einem vernetzten ÖPNV, auch neuen Technologien wie der Elektro-Mobilität im Auto- und Fahrradbereich komme da eine große Bedeutung zu: „Ich fahre ein Elektro-Auto“, berichtete Stubbe. Und stellte klar: „Auch wenn ich mich vielleicht unbeliebt mache damit – ich bin ein Befürworter der Nordbahn-Reaktivierung . Wobei gerade hier in Büren noch viele Fragen offen sind.“
Was auch gut laufe, sei der Radwegebau: Das Bürgerradwegprogramm, so Stubbe, „ist im Kreis Konsens“. Friedel Glüder nutzte die Gelegenheit, sich dafür zu bedanken, dass der Kreis die Lotter Radwegebauer immer unterstützt hat. Und darauf zu drängen, auch den Radweg von Halen nach Hollage voranzubringen: „Das würde auch den Bahnhof in Halen stärken.“
Startbahnpläne stoppen
Zum Thema FMO unterstrich der Grünen-Landratskandidat, dass ein Flughafen im Gegensatz zu Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern nicht zur Daseinsvorsorge gehöre. Umfragen in der Bevölkerung und in der Wirtschaft hätten überraschenderweise ergeben, dass der FMO für die hiesigen Unternehmen gar nicht so wichtig sei wie angenommen. Der Regionalflughafen sollte zwar als Sprungbrett zu den Drehkreuzen und für ausgewählte touristische Ziele erhalten bleiben, müsse aber auf Dauer ohne Subventionen auskommen: „Wer fliegen will, soll das selbst bezahlen“, so Stubbe. Er fordert, die Pläne zur Startbahnverlängerung – „eine Wahnsinnsgeldverschwendung“ – sofort zu stoppen.
Als Grünen-Landratskandidat hat er auch im Bereich Landwirtschaft eine andere Position als sein CDU-Mitbewerber: „Die CDU ist völlig aufseiten der Verbände, nicht der Bauern“, sagte er. Und die Verbände stünden für industrielle Landwirtschaft und Globalisierung. „Wir sagen, wir wollen die Region versorgen, nicht für den Export produzieren“, betonte Stubbe.
Kleine Bauern fördern
Der jüngste, „alarmierende“ Bericht über die Qualität des Grundwassers zeige eindeutig den Zusammenhang zwischen der Massentierhaltung und der Gülleausbringung. Das sei „sehr, sehr schlecht für das Image“ der Bauern. „Aber das wird sich nur ändern, wenn sich die Landwirtschaft ändert“, machte sich Stubbe für eine bäuerliche Landwirtschaft stark. „Die Großbauern sind immer gefördert worden, nicht die kleinen.“ Das müsse sich ändern.
Der Landkreis habe zwar wenig Einfluss auf de n Bau von Mastställen, könne aber Bauanträge prüfen, Ausgleichsmaßnahmen kontrollieren und über entsprechende Auflagen die Einhaltung von Tierschutzbestimmungen einfordern. Bisher seien die Vorhaben einfach „durchgewunken“ worden. Stubbe will „kritisch hinsehen“.
Digitalisierung, so Stubbe weiter, sei gerade für den ländlichen Raum, in dem immer noch viele Bereiche vom schnellen Internet abgeschnitten seien, enorm wichtig. Neben Highspeed-Glasfaserkabeln seien nicht kommerzieller Freifunk und frei verfügbares WLAN wichtig.
Landesmittel abrufen
Beim Thema Finanzen seien sich alle Parteien im Kreis einig im Bemühen, so sparsam wie möglich zu wirtschaften. Stubbe hob hervor, dass Steinfurt die zweitniedrigste Kreisumlage in NRW habe. Im Detail gingen die Vorstellungen aber doch ausneinander. Für ihn als Kreisverbandssprecher der Grünen sei etwa der Verzicht auf das Landesprogramm Sozialticket (verbilligte ÖPNV-Katen für Arbeitslose und sozial Schwache) absolut unverständlich: „Man muss die Landesmittel auch abrufen.“
Immerhin seien die Grünen im Kreis jetzt in der komfortablen Situation, das „Scharnier“ der Mehrheitsbildung zu sein. „Ich glaube, dass ein grüner Landrat dem Kreis guttäte“, so Stubbe. Sein erklärtes Ziel für den 13. September: „Eine Stimme mehr als die SPD und in die Stichwahl kommen. Dann ist alles möglich.“