Der Rat, bzw. der zuständige Verkehrs-und Umweltausschuss möge beschließen:
Die Verwaltung wird beauftragt:

  1. Durch den ökologisch sinnvollen , aber kostenintensiveren Abtransport des Grasschnittes auf angelegten Blühflächen der gemeindeeigenen Flächen , auf geeigneten Wegsäumen, die für Wildblumen wieder zurückgewonnen werden können, an Gräben, auf Friedhöfen,etc. eine Evaluierung möglichen Biomassepotentials auf dem Gemeindegebiet in Auftrag zu geben.
  2. Die Verwaltung eruiert eine potentielle Kooperation mit benachbarten kommunen und lokalen Akteuren zwecks Sees Vorhabens einer energetischen Verwertung des Landschaftspflegematerials .

Begründung:
Am 14.09.2017 wurde im Verkehrs- und Umweltausschuss folgender Beschluss gefasst:
1. Geeignete Flächen auf Gemeindegrund für eine wildpflanzen- und insektenfreundliche Herrichtung zu benennen, den Aufwand für entsprechende Pflege zu bestimmen und – sofern dies wirtschaftlich vertretbar ist – die Herrichtung in den kommenden Pflanzperioden umzusetzen. Der Ausschuss empfiehlt einen völligen Pestizidverzicht bei der Pflege von Gemeindeflächen.
2. Ein Gesamtkonzept zur Sicherung und Verbesserung der Wildpflanzen- und Insektenvielfalt in Lotte zu entwickeln […]
In der Vorlage der am 05.07.2018 stattgefundenen VUA -Sitzung schreibt Frau Wilm-Chemnitz:
„..Der Abtransport des Mähgutes hält eine Fläche längerfristig nährstoffarm…
Des weiteren wird auf die Broschüre „Blühende Vielfalt am Wegesrand“ des LANUV verwiesen:
“ Mulchmahd ist ökonomisch, aber nicht ökologisch. …eine wünschenswerte Ausmagerung der Säume bleibt aus…Die im Saum lebenden Kleintiere haben kaum eine Chance …….Durch die Mulchschicht erhöht sich sukzessive das Bankett, was den Wasserlauf von der befestigten Wegdecke behindert.
Durch die Entfernung des Grasschnittes im Intensivpflegebereich könnte einer Nährstoffanreicherung vorgebeugt werden und somit dem o. g. Beschluss entgegenkommen. Die Wahl der eingesetzten Mähtechnik hat Auswirkung auf die Zusammensetzung der Pflanzenwelt. Beim Mulchen und der Pflege ohne Abräumen verbleibt das Schnittgut auf der Fläche und verrottet bzw. wird durch Bodenorganismen zersetzt. Das führt dazu, dass konkurrenzschwache Arten, wie sie auf nährstoffarmen bzw. mageren Standorten vorkommen, von konkurrenzstarken Arten. wie z. B. Brennnesseln, verdrängt werden. Es gilt jedoch zu berücksichtigen, dass laut Einschätzung des Servicebetriebs die Stärkung der Biodiversität nicht auf allen Flächen möglich ist. Dies gilt vor allem für Flächen an Straßen in unmittelbarer Nähe zu landwirtschaftlichen Nutzflächen, die durch den Einsatz von Düngemitteln mit Nährstoffen übersättigt sind.
Wirtschaftlicher Aspekt
Wer eine Pflege der Wegränder plant, bei der das Mähgut abgeräumt wird, muss die Frage klären
„ Wohin mit dem Material“?
Da die Entsorgung der Mähgutes kostspielig ist, gibt es in verschiedenen Kommunen für das unterschiedliche Lösungen:

  • Biogasanlagen
  • Stadt Vreden: Pflegemaßnahmen wurden an Landwirte vergeben, Mahd wird kompostiert. Die Blühflächen zählen als Ausgleichsflächen und können darüber finanziert werden
  • Siehe LANUV Seite 33: Der Trockenfermenter: Eine neue Perspektive bietet die von der Uni Kassel entwickelte Methode „IFBB- integrierte Festbrennstoffe-und Biogasproduktion aus Biomasse… Silieren, maischen, vergären, Herstellung eines getrockneten Festbrennstiffes in form von Brikett oder Pellets.

Der Umweltbeauftragte der Stadt Ibbenbüren, Herr Hajo Schulte hält diese Methode für die einzig sinnvolle Methode, die oft auch verschmutzt Mahd zu entsorgen.
Fachbüros/ Experten aus der Region
Die pbr NETZenergie GmbH aus Rheine ist deutschlandweit bekannt für Potenzialstudien im Bereich alternativer Biomassenutzung. Nach Auskunft des Büros bestehen Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit zahlreichen Kommunen sowie in der Entwicklung von mehr als 40 Konzepten / Potenzialstudien für die Nutzung und Verwertung von Laub, Grünschnitt u.a.
Herr Peselmann, Geschäftsführer der pbr NETZenergie GmbH und Mitglied im Vorstand des energieland2050 e. V., steht dem Verkehrs- und Umweltausschuss als Experte gerne zur Verfügung und kann umfassend aus der Praxis berichten.
Henning Steiner, ehemaliger Bioenergiemanager des Kreises Steinfurt, war kreisweiter Ansprechpartner für alternative Bioenergienutzung. Zur zeit für artenschutzrechtliche Fragen nein Kreis Steinfurt zuständig .
Fördermittel
Die Untersuchung der vorhandenen Potenziale zur energetischen Nutzung von Landschaftspflegematerial kann über die Kommunalrichtlinie 2019 des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit gefördert werden. Die Erstellung einer Potenzialstudie wird mit 50 % der förderfähigen Kosten bezuschusst.
Das Land NRW fördert nicht investive Maßnahmen des kommunalen Klimaschutzes, welche die Umsetzung von investiven Maßnahmen vorbereiten oder begleiten. Die Förderfähigkeit einer Potenzialstudie muss vorerst mit dem Fördermittelgeber abgestimmt werden. Bei Bewilligung ist ein Zuschuss bis zu 80 % der zuwendungsfähigen Ausgaben zu erwarten.
Möglicher Inhalt einer Potenzialstudie
Eine Potenzialstudie besteht aus drei Bausteinen. Dieser gliedern sich wie folgt:
1. Bestandsaufnahme
a. Quantitative Bewertung des vorhandenen Materialaufkommens anhand geeigneter
Indikatoren
b. Qualitative Bestandsaufnahme des anfallenden Materials
c. Beschreibung bestehender Entsorgungswege und –anlagen und ihrer wesentlichen
Grobkomponenten sowie Angaben zu Kapazitäten
2. Potenzialanalyse
a. Bewertung des Potenzials
b. Analyse der Optimierungspotenziale
c. Analyse möglicher neuer energetischer Entsorgungsstrukturen und
Verwertungsverfahren
d. Ermittlung von Klimaschutzpotenzialen
e. Definition von Klimaschutzzielen
3. Optimierungsmaßnahmen und Fahrplan zur Umsetzung
a. Aufbauend auf der Potenzialanalyse, Entwicklung von Maßnahmen über den gesamten Entsorgungsweg
Sachstand
Ermittlung der Biomasse
Eine Erfassung der tatsächlichen Menge findet in der Gemeinde Lotte und in den übrigen Kommunen des Kreises Steinfurt bislang nicht statt. Zur Ermittlung der pro Pflege-Kilometer anfallenden Biomasse von Straßenbegleitgrün kann eine grobe Schätzung mittels folgender Annahmen angestellt werden:

  • Mindestpflegefläche pro Straßen-Kilometer 0,4 ha
  • 75 % ige Erfassung der aufwachsenden Biomasse
  • Durchschnittlich 2 Pflegeschnitte pro Jahr
  • Zu pflegende Menge 4 Tonnen Trockenmasse/ha*Jahr bzw. 13,3 Tonnen
  • Frischmasse/ha*Jahr
  • Trockenmassegehalt 30 %

Ökonomie
Aufwand und Ertrag müssen bei der Verwertung von Straßenbegleitgrün im richtigen Verhältnis stehen bzw. müssen sich wirtschaftlich darstellen lassen. Das Aufsammeln von Grasschnitt ist sehr arbeitsintensiv, zumal die Straßenbegleitflächen, anders als landwirtschaftliche Anbauflächen, meist auch nur relativ schmal sind und Pfosten, Schilder und Hindernisse sowie räumliche Enden den Einsatz von Maschinen zum Teil erheblich erschweren.
Aus ökonomischen Gründen wird laut Auskunft des Servicebetriebs der Gemeinde Lotte der Grasschnitt gemulcht bzw. geschlegelt und verbleibt mehrheitlich auf den Pflegeflächen oder wird in den Straßenrandbereich eingeblasen. Auch im Bereich der Gewässerunterhaltung wird laut Auskunft des UVB Düte so verfahren, dass die krautigen und grasartigen Massen in der Regel auf der Böschungskante bzw. dem Randstreifen liegen bleiben. Dies erspart weitere Arbeitsschritte und Kosten für den Transport des Materials sowie die Entsorgung. Es gilt zu berücksichtigen, dass geeignete Maschinen für die neuen Arbeitsschritte zu beschaffen wären, falls dieser Arbeitsschritt in Eigenleistung erbracht werden soll. Eine detaillierte Aufstellung der anfallenden Kosten liegt in den meisten Kommunen nicht vor. Die Preise für unterschiedliche Pflegevarianten sind regional sehr unterschiedlich.
Rechtliche Rahmenbedingungen
Landschaftspflegematerial einschließlich Straßenbegleitgrün ist aufgrund der BioAbfV als anerkannte Biomasse nach BiomasseV anzusehen. Zudem ist Straßenbegleitgrün für die energetische Nutzung eindeutig im EEG 2017 gelistet.
Nichts desto trotz sollte vor der Entwicklung von Projekten zu alternativen Verwertungsformen eine Abklärung der rechtlichen Rahmenbedingungen erfolgen. Aufgrund der komplexen rechtlichen Situation muss für jedes spezifische Vorhaben geklärt werden, ob die anfallenden Materialen als Einsatzstoff in Frage kommen. Insbesondere hinsichtlich Straßenbegleitgrün bestehen Einschränkungen und Unsicherheiten zur möglichen Verwertung. Eine Zustimmung durch die Abfallbehörden zur Verwertung von Straßenbegleitgrün sollte zuvor eingeholt werden.
Die Substrate, insbesondere vom Rand stark befahrender Straßen sind vor der Nutzung auf mögliche Schadstoffbelastungen, welche z. B. den Biogasanlagenprozess stören könnten, zu prüfen. Aufgrund eventueller Störstoffe und vermeintlich höherer Schwermetallgehalte, wird Straßenbegleitgrün in Biogasanalagen derzeit nur zu sehr geringen Anteilen verwendet. In der Regel liegt die Schwermetallkonzentration von Grasschnitt an stark befahrenen Straßen unter den Grenzwerten der Bioabfallverordnung (BioAbfV) und der RAL-GZ und kann in Biogasanalgen als Substrat zum Einsatz kommen.
Energetische Potenziale

Eine genauere Analyse der tatsächlichen Potenziale und insbesondere der Wirtschaftlichkeit und energetischen Verwertung des Straßenbegleitgrüns und alternativ zum gesamten Landschaftspflegebereich wird empfohlen. In Konzepten für andere deutsche Regionen konnten nennenswerte Potenziale nachgewiesen werden.
Im Kreis Steinfurt wurden bereits die gesamten Biomassepotenziale geschätzt. Neben der (energetischen) Nutzung von Straßenbegleitgrün, ist es empfehlenswert auch Schienenbegleitgrün, Biomasse aus der Gewässerunterhaltung und Pflege von Parks, Anlagen und Friedhöfen in Betracht zu ziehen. Im Bereich der energetischen Verwertung von Ufer- und Gewässerbegleitgrün konnten 31.500 MWh/Jahr ungenutztes Potenzial ausgemacht werden. Für kommunalen Grünabfall 15.000 MWh/Jahr sowie für Straßenbegleitgrün 7.300 MWh/Jahr. Für Biomasse im Sektor Schienenbegleitgrün und Parks, Anlagen und Friedhöfe liegen bislang noch keine Schätzungen vor.
125 kg Grasschnitt Frischmasse entsprechen einem Volumen von 1 m3. Bei einer konservativen Annahme für Grasschnitt von Straßenbegleitgrün ergibt sich ein Heizwert von 9,97 KWh/m3. Dieses Material liefert rund 70 Prozent der Gasausbeute von Mais. Für eine kosteneffiziente Biogasanlage sind jährlich Rohstoffmengen von etwa 5.000 t Grasschnitt notwendig. Normalerweise können diese Grasschnittmengen von einer einzelnen Kommune nicht erbracht werden. Durch die Anpassung der Anlagenkapazität und weitere Verwertungsmöglichkeiten wäre lautder pbr NETZ energie GmbH schon eine Grasschnittmenge von 300 t Grasschnitt (Frischmasse) wirtschaftlich zu verwerten.